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Vom Märchenland zur Berufsperspektive: Mein Praktikum bei WS München

Es war einmal eine Erfurter Studentin, die ihre Semesterferien gerne mit Berufspraxis füllen wollte und einen Praktikumsplatz in einer PR Agentur bekam. Welche Erwartungen hat man vor dem Beginn bei Weber Shandwick? In meinem Fall: keine. Denn kaum eine Branche gilt unter uns Kommunikations- und Medienstudierenden als so sagenumwoben, wie die große Welt der PR-Agenturen. Ein Märchenland, über das es nur Gerüchte gibt, aber aufgrund von Vorlesungen weit abseits der Praxis keine Erfahrungsberichte. Man munkelt von nächtelangen Kreativmeetings, von gestresst-dynamischen U-30 Powermitarbeitern, vom„Outside the box around the clock“-Phänomen – und natürlich vom Bürokicker für den Teamspirit. Der Beruf des PR-Beraters gilt gleichzeitig als abschreckend und magnetisch anziehend. Also hatte ich vor meinem Praktikum bei Weber Shandwick München so viel Widersprüchliches gehört, dass ich mich eigentlich nur freute, endlich das Märchenland betreten und wirkliche Erfahrungen machen zu dürfen. Ein wenig hatte ich aber auch die Befürchtung, nichts beitragen zu können und völlig fehl am Platz zu sein. Doch es hat sich absolut gelohnt – auch wenn wir keinen Kicker haben.

Clippings, Pitches, IFA

Viele Gerüchte zerschlugen sich schon in der ersten Woche. Fair Company und Vertrauensarbeitszeiten statt Anwesenheitszwang von 13+ Stunden. Verantwortungsvolle Aufgaben statt Kaffeekochpraktikum. Microsoft statt Apple. Mitarbeiter in Jeans und T-Shirt statt Glitzer, Glamour und Kostüm. Kurzum: weniger Märchenland also vielmehr eine erfreulich normale Arbeitswelt, wie ich sie schon aus anderen Betrieben kannte. Dem gegenüber stehen große Kunden sowie Vorteile und ein  Selbstverständnis einer perfekt organisierten Netzwerkagentur. Überraschenderweise fühlt man sich selbst als kleines Rädchen im Getriebe irgendwie bedeutsam. Das liegt vor allem an den Mitarbeitern, die offen, freundlich und begeisterungsfähig sind. Am Anfang neigte das permanente Denglisch neuer Begriffe und Abkürzungen dazu, einen zu überfordern. Mittlerweile jongliere ich gekonnt zwischen Clippings, Reportings, Stories am Telefon pitchen und Briefing Books. Ich schreibe, übersetze, redigiere, recherchiere, telefoniere, erstelle Medienverteiler – und ich durfte meine erste Dienstreise machen.

Die IFA in 360°

Für die IFA 2015 konnte ich von München aus die Kollegen in Berlin und Tokyo bei der Eventorganisation unterstützen. Ein japanischer Großkonzern wollte seine neue 360° Kamera im Rahmen einer Pressekonferenz vorstellen. Also arbeiteten wir uns vom Groben (Raum- und Technikplanung, Catering, Dolmetscher, Zollbestimmungen) bis zum Feinen (Pressemappen, Ampelmann-Gummibärchen für den Kunden) vor. Und zu meiner großen Überraschung fiel auf mich das für Praktikanten ungewöhnliche Los, selbst drei Tage in Berlin mit dabei sein zu dürfen. Ich verspürte Aufregung über Flug, Hotel und Berlin an sich, dazu Anspannung, ob die Pressekonferenz glatt geht und natürlich Neugier auf die japanischen Kollegen, die glitzerbunte IFA und alles, was ich fünf Wochen lang vorbereitet hatte, kurz: Während der Zeit stand ich unter einem fröhlichen Gefühlscocktail, der meinen Adrenalinpegel konstant im oberen Bereich hielt. Eine unvergessliche Erfahrung!

Und wenn sie nicht gestorben ist…

Um bei der Analogie zu bleiben: Mittlerweile bin ich fast am Ende meines Ausflugs ins Märchenland “Agenturwelt” angekommen und muss zurück ins „richtige“ Leben. Ich bin reicher um zahllose Erfahrungen, weiß, was mir Spaß und weniger Spaß macht, habe viele nette Menschen kennengelernt und konnte einigen Ängsten begegnen. Und am wichtigsten: Ich habe eine wirkliche Berufsperspektive eröffnet bekommen. War es vorher schwierig, aufgrund der mangelnden Erfahrung ein Urteil zu fällen oder mir eine Rolle in dieser Welt ausmalen zu können, so kann ich mir jetzt durchaus einen Platz hier vorstellen. In diesem Sinne kann ich jedem Interessierten nur empfehlen, ebenfalls sein Glück hier zu versuchen. Und wenn sie nicht gestorben ist, beendet sie ihr Studium und kehrt in die, dann schon nicht mehr ganz so sagenumwobene, Welt zurück.

 

Bild via pixabay.com under CC0 Licence