Skip to content Skip to footer

Auf ein Wort – aus den Fingern saugen

Sprichwörter gibt es für alle Lebenslagen. Sie beschreiben unsere Gefühle, verdeutlichen so manche Situation oder geben uns Ratschläge, wie wir uns am besten verhalten sollten. Und weil sehr viele Menschen sie kennen, lässt man sie für sich sprechen, wenn man selbst die richtigen Worte nicht findet. So wird man trotzdem von seinen Mitmenschen verstanden.

Mit den richtigen Worten ist das so eine Sache. Manchmal findet man nicht einmal das richtige Thema. Sagen muss man aber etwas, sei es, weil man in einer Gesprächsrunde nicht als der ahnungslose Beobachter gelten will oder weil… sagen wir mal… man sich dazu verpflichtet hat, ein Mal im Monat einen Blog-Post für den Corporate Blog zu schreiben. Dann gilt es, sich etwas aus den Fingern zu saugen. Aber woher kommt dieses Sprichwort? Liegt in meinen Fingern tatsächlich die Antwort?

Ich mache ich mich auf die Suche nach dem Ursprung dieser Redewendung, während ich grübelnd an meinen Fingernägeln knabbere. Ha! Sollte das meine erste Spur sein? Viele Menschen führen ihre Finger zum Mund, während sie über etwas nachdenken. Doch keiner glaubt im Ernst, er würde dadurch tatsächlich eine Idee in den Mund gelegt bekommen.

Manche abergläubige Menschen dachten früher aber zumindest in diese Richtung. Sie glaubten, Finger hätten etwas Magisches inne und man könnte damit etwas Unerwartetes hervorzaubern, wenn man sie mit magischen Substanzen, etwa einem Zaubertrank oder Blut, benetzt.

Da ich mich eher zu den Realisten zähle, halte ich die folgende Erklärung jedoch für wahrscheinlicher: Im alten Rom fragte man sich, wie es Bären schaffen, über die lange Zeit ihres Winterschlafes zu kommen, ohne zu verhungern. Manche Menschen berichteten, sie hätten schlafende Bären dabei beobachtet, wie sie schmatzend an ihren Pfoten leckten. Man vermutete, die Tiere würden Milch aus ihren Krallen saugen und so über die Runden kommen.
Johann Wolfgang von Goethe griff diese Beobachtung auf und verwendete sie in einem Gleichnis über Poeten, die immer wieder aus sich selbst heraus Geschichten für ihre Werke erdenken mussten. Er schrieb: „Dichter gleichen Bären, die stets an eignen Pfoten zehren.” Im Laufe der Zeit gerieten die Bären in Vergessenheit, der Inhalt wurde mehr und mehr den Menschen angepasst. Übrig blieb letztlich sich etwas aus den Fingern saugen.

Und das klappt manchmal viel besser, als man anfangs glaubt.
Bild Credits: von Lum3n.com, under Creative Commons Zero Licence, via pexels.com