Dass Politiker Social Media für ihre Wahlkampagnen nutzen, ist nichts neues: US-Präsident Barack Obama nutzte YouTube-Videos, um seine Wähler zu erreichen und Donald Trump, aktueller Präsidentschaftskandidat, setzt erfolgreich Twitter ein, um Wählerstimmen zu sammeln.
Ein simples Prinzip
Aline Trede, Mitglied des Schweizer Nationalrats für die Grünen überraschte nun, indem sie die Dating App Tinder im Wahlkampf nutzte. Das Prinzip war simpel: Mit ihrem Wahlbild als Profilbild und dem zur App passendem Slogan „Grünes Herz. Gegen Rechts.“ ließ sie sich männliche und weibliche User aus ihrem Wahlbezirk anzeigen und begann zahlreich grüne Herzen (Tinders Äquivalent zu Facebook Likes) zu verteilen.
Erhielt sie ein Match, so lud sie denjenigen zum „Bier mit mir“ ein. „Bier“ bedeutet in diesem Falle eine monatliche Bürgersprechstunde, bei der Interessierte zu einer Diskussionsrunde in einer Berner Kneipe zusammenfinden. Tredes Mobiliserung über Tinder war ein großer Erfolg. Schon nach kurzer Zeit generierte sie 30 Matches und verschickte 20 Bier-Einladungen. Zwar wurde ihr Profil nach kurzer Zeit von Tinder gesperrt – das Medieninteresse nahm dadurch jedoch erst Recht zu.
Warum Tinder – eine Analyse
Das Image einer schmuddeligen Dating App aus der Nische hat Tinder schon längst hinter sich gelassen. Heute nutzen rund 50 Millionen User die App täglich, wobei ca. 90 Prozent der Nutzer zwischen 18 und 24 Jahren sind – genau die Zielgruppe, die für Politiker wie Aline attraktiv ist.
“Bei Twitter ist es so: Die, die mich abonnieren, die wollen etwas von mir wissen oder sehen und bei Facebook ist es eigentlich das Gleiche. Aber bei Tinder hatte ich das Gefühl, dass ich Leute erreiche, die ich sonst nicht erreiche”, erklärt Trede.
Weiterhin interessant ist hierbei, das man bei Tinder die Möglichkeit hat, User im direkten Chat anzusprechen.
Innovativ oder Spam?
Bemühungen, in die authentischen Nutzungsräume der Zielgruppe zu gelangen und mit ihnen auf persönlicher Ebene zu interagieren – also Kampagnen wie Teders Tinder Aktion – regen eine aktuell stets präsente Diskussion über die Grenzen auf Social Media sowohl für Politiker als auch für Marken an. Was sollte erlaubt sein und was nicht? Wo beginnt der private Raum für den Nutzer und ab wann ist eine Aktion nervige Werbung? Wichtige Fragen, die die Entwicklung von Social Media und ihre Verzahnung mit Marken und Politik bestimmen – wir sind gespannt, denn die Debatte darüber nimmt durch solche Aktionen erst so richtig Fahrt auf!
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