Unsere Frankfurter Kollegin Johanna hat während ihrer Arbeit als Beraterin im Healthcare-Bereich eine Ausbildung als Rettungssanitäterin gemacht. Wie das alles zusammen funktioniert hat, beschreibt Johanna in ihrem Erfahrungsbericht.
Mehr sehen, mehr verstehen
In den nunmehr fast acht Jahren, die ich im Bereich Healthcare-PR unterwegs bin, bin ich immer neugieriger geworden. Ich wollte immer mehr lernen und dann kam der Punkt, an dem ich auch wissen wollte, wie die Versorgung von Patienten „im echten Leben“ aussieht. Ich habe z. B. ein Interview mit einem Herzchirurgen geführt und musste unwillkürlich daran denken, dass er heute zwar einen Anzug trägt, sonst aber Haube, Mundschutz und sterilen Kittel. Er sieht die Menschen, die von den Möglichkeiten der modernen Medizin profitieren – davor, während dem Eingriff und danach. Er sieht, wie es dem einzelnen Menschen geht, welche Einschränkung er hat, wie es ihm im Anschluss durch die Operation besser geht. Es gab viele ähnliche Situationen, so dass mein Wunsch immer stärker wurde, selbst ein Stück weit in die direkte Welt der Medizin und Patientenversorgung einzutauchen. So trat ich kurzerhand dem Katastrophenschutz bei, absolvierte meine Sanitätsdienstausbildung und begann, auf dem Rettungswagen zu hospitieren. Kurze Zeit später begann ich mit meiner berufsbegleitenden Ausbildung zur Rettungssanitäterin.
Zurück auf die Schulbank und „ran an den Speck“
160 Stunden theoretische Ausbildung, 160 Stunden Rettungswachen- und 160 Stunden Klinikpraktikum, gefolgt von einer 40-stündigen Abschlusswoche mit mehreren Prüfungen – das lag nun also vor mir. Glücklicherweise hatte ich in viele Krankheitsbilder während meiner Arbeit als PR-Beraterin schon einmal „hineinschnuppern“ dürfen, so dass beispielsweise Asthma, COPD, Vorhofflimmern und Schlaganfall keine böhmischen Dörfer für mich waren. Durch die Grundlagen, die ich während der theoretischen Ausbildung zusätzlich erwerben durfte, verstand ich jedoch vieles noch einmal besser und umfassender.
Im Rettungsdienst kamen dann viele neue Eindrücke auf persönlicher Ebene. So beispielsweise eine Krebspatientin, die beim Wäschemachen die Balance verloren hatte – aufgrund einer Polyneuropathie, die ihre Krebsmedikamente ausgelöst hatten – und der wir vom Boden aufhelfen mussten. Ihr Ehemann hatte ein Aortenaneurysma, also quasi eine aufgedehnte Hauptschlagader, die bei schwerer körperlicher Anstrengung einreißen kann, was innerhalb kürzester Zeit zum Tod führt. Kurzum: zwei Menschen die sich bisher immer selbst versorgt hatten, von denen eine aber nicht mehr sicher laufen und stehen, und der andere sie im Fall das Falles nicht aufheben konnte.
Dies ist nur eines vieler Beispiele dafür, wie Prozentangaben aus klinischen Studien plötzlich zu echten, greifbaren Menschen mit Gesichtern und Persönlichkeiten wurden. Ich verstand mehr und mehr, wie die unterschiedlichen Wünsche und Lebensumstände von Patienten bei der Therapiewahl berücksichtigt werden müssen und dass kein Fall wie der andere ist. Auch verstand ich immer besser, was Alter, Krankheiten und akute Ereignisse wie z. B. ein Schlaganfall für das Leben der Menschen, aber auch ihrer Familien bedeuten.
Auf der anderen Seite merkte ich sehr deutlich, dass ich in den letzten Jahren etwas gelernt habe, was unendlichen Wert hat: Kommunikation. Die beste, schnellste und zielorientierteste Notfallversorgung hilft nicht, wenn man den Mensch mit seinen Gefühlen, Ängsten und Bedürfnissen aus den Augen verliert. Auch für Angehörige ist es wichtig, die richtigen Worte zu wählen und ihnen zuzuhören.
Natürlich bleibt hierfür in einer konkreten Notfallsituation weniger Zeit, als man sich dies manchmal wünscht. Daher hat mich die Zeit während des Klinikpraktikums sehr bereichert, bei dem ich verschiedene Stationen durchlaufen durfte – den OP, eine Akutstation, die zentrale Notaufnahme und die Intensivstation. Vor allem hier habe ich sehr viel Neues über das persönliche Verständnis von Gesundheit und Krankheit gelernt, über den Umgang mit Verlust und Tod, aber auch über die Erleichterung der Genesung und die starken und liebevollen Beziehungen zwischen zwei Menschen. Ich habe gesehen, wogegen die moderne Medizin ankämpft, was sie vermeiden oder verzögern will und wieviel auf persönlicher Ebene daran hängt.
Was hat es mir gebracht?
Aus meiner Ausbildung und Tätigkeit im Rettungsdienst sowie im Krankenhaus konnte ich sehr vieles ziehen – einen verbesserten Transfer der Informationen, mit denen ich Tag für Tag arbeite, einen optimierten, realistischen Blick auf die Praxis und die tatsächlichen Bedarfe, ein besseres Verständnis von Erkrankungen und Behandlungsansätzen sowie eine umfangreiche Wertschätzung für das, was ich selbst habe. Ich habe Menschen zur Welt kommen und Menschen sterben sehen, ich habe erlebt, was wirklich zählt und verstanden, welchen Wert Gesundheit und Sicherheit haben. Meine Leidenschaft für gute, praxisnahe Kommunikation ist noch einmal gewachsen und mein Blick für den tatsächlichen Nutzen unserer Maßnahmen geschärft. Auch wenn die Ausbildung neben dem Beruf stressig war: Ich würde es jederzeit wieder tun. Mein Dank gehört an dieser Stelle vor allem auch Weber Shandwick – durch eine flexible Gestaltung meiner Arbeitszeiten während des Klinikpraktikums inklusive einer Woche unbezahltem Urlaub für das OP-Praktikum wurde mir die Ausbildung erst möglich gemacht.