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Unterhaltung statt Unterbrechung: Marken als kulturelle Autoren

Der wohl interessanteste Vortrag auf dem Lynx-Festival in Dubai hielt Jason Xenopoulos von der südafrikanischen Agentur VML zur These, dass Marken eine historische Chance haben, Reaktanz und Werbemüdigkeit durch kulturelle Profilierung und Autorenschaft auszugleichen.

Die Krise des klassischen „Interruption Models“ der Werbung, die Kultur- oder Unterhaltungserlebnisse fast immer unerwünscht unterbricht, geht einher mit der Krise der klassischen Erlösmodelle von Kunst und Kultur, z.B. von Musikern, Filmemachern oder Autoren, im Wettstreit mit der Kostenlos-Kultur des Netzes.

In der Schaffung relevanter, kultureller Unterhaltung durch Marken entwickelt sich eine interessante Möglichkeit, beide wachstumsbedrohte Segmente Werbung/Markenkommunikation und Entertainment zu rekalibrieren.

Jason präsentierte Benchmarks, die auch zeigen, dass sich die Arbeiten weiterentwickeln müssen von dem Schritt „Branded Entertainment“, das zu häufig dann doch nur recht einfache Product Placements a la Wok-WM oder (erfolgreiche) Werbe-Inszenierungen im Stil des „HasenRasen“ wurden.

 

Ein Blick in die Vergangenheit

Jason erinnerte an die Kunstförderung der Medici im Florenz der Renaissance des 15. und 16 Jh., als die erfolgreichste Bank dieser Epoche und damit damals reichste Familie Europas gleichzeitig Kurator und Patron der herausragenden Künstler wie Michelangelo oder Botticelli war. So ging wirtschaftliches Wachstum Hand in Hand mit der kreativ wohl produktivsten Epoche der Kunstgeschichte.

Eine ähnliche Förderrolle hat Netscout, eine global führende Marke im Bereich Cybersecurity, für die Dokumentation von Werner Herzog „Lo and Behold“, eine beeindruckende Bestandsaufnahme der digitalen Welt, gespielt. Der Film wurde 2016 beim Sundance-Festival gezeigt und war von Netscout als kollaborative Partnerschaft aufgesetzt worden – von Marken ermöglichtes Qualitäts-Entertainment statt Product Placement.

Eine hochwertige Verankerung in der Kunstszene war schon immer auch die Markenstrategie von Absolut Vodka, Formate wie z.B. der Absolut Art Award stehen für dieses Engagement. Seit ca. 2 Jahren hat Absolut in Südafrika sehr konsequent eine Plattform mit Künstlern entwickelt, die den Ursprung der menschlichen Kreativität auf dem Kontinent feiert. Aus einzelnen Kooperationen und größeren Video-Projekten hat sich für 2018 ein eigenes Festival zu African Creativity entwickelt, in dem die Marke weit in den Hintergrund tritt und eher Enabler innovativer Kunstformen ist, als sich selbst im Mittelpunkt zu feiern.

 

Donner in Dubai

Und auch der Dubai Lynx Grand Prix Gewinner in der Kategorie Branded Content erzählt eine ähnliche Geschichte von Marken oder Unternehmen als Kooperationspartner von Künstlern. Für die neue Single „Thunder“ der Band „Imagine Dragons“ wurde die gesamte Stadt Dubai zur Kulisse des Videodrehs, in der Marke subtil und unaufdringlich, in der Inszenierungsmöglichkeit spektakulär und mutig.

Über diese Beispiele konturiert sich die neue Möglichkeit von Marken als kulturelle Autoren, getragen von Connaisseurschaft und neugieriger inhaltlicher Auseinandersetzung. Die Reichweite von Aktivitäten beginnt bei Culture Taps – kurzen Agendasurf-Trips in die Populärkultur – und spannt bis zu großen eigeninitiierten Plattformen. Allen gemein ist, dass hier Kunst/Entertainment und Markenkommunikation gemeinsam arbeiten statt sich wechselseitig zu unterbrechen. Marken als moderne Medicis, eine interessante Perspektive.

 

 Bild Credits: bas352, under Creative Commons Zero Licence, via pixabay.com