Die 2011 ins Leben gerufene Sourcing Summit, die jährlich auf 4 Kontinenten stattfindet, brachte auch in diesem Jahr wieder viele Recruiter, HR-ler, Sourcer und alle, die es werden wollen, zusammen. Das Event wurde mit dem Ziel gegründet, „die immense Wichtigkeit der Talentsuche hervorzuheben und gleichzeitig neue Denkweisen zu verbreiten“. Außerdem kommen Experten an einem Ort zusammen, um sich auszutauschen, zu netzwerken und sich über das aktuelle Geschehen im Bereich Active Sourcing zu informieren. Unsere Recruiterin Evelyn Dietert war am 25. und 26. April in Unterschleißheim bei München dabei und zeigt auf, was die Recruiter-Welt bewegt.
Active Sourcing
Bereits in einem Blogbeitrag aus 2017 habe ich mich mit Trends im passiven und aktiven Recruiting beschäftigt. Zur Erinnerung: Wenn ich von einem aktiven Recruiting spreche, warte ich nicht ab, dass sich der richtige Kandidat bewirbt. Ich spreche diese potenziellen Kandidaten auch selbst aktiv an. Das geht über Social Networks wie XING, LinkedIn oder Facebook, aber auch über Netzwerk-Veranstaltungen, Hochschul- oder Karrieremessen und Workshops. Also überall, wo ich in den direkten Dialog mit der Zielgruppe treten kann. Das nennt man dann Active Sourcing.
Bereits seit einigen Jahren sind viele Unternehmen im Active Sourcing tätig, wenn auch noch lange nicht so viele, wie sie es vielleicht müssten. Doch was bewegt Sourcer in Deutschland? Mit welchen Herausforderungen haben wir zu kämpfen – und was hilft uns dabei, diese zu überwinden? Darum und um vieles mehr ging es in der #SoSuDe in München.
It’s all about… Personalisation
Schon zur Mittagspause am ersten Konferenztag war klar – Personalisierung ist das, was im Fokus steht. Diesen Ansatz gab es auch schon vor einem halben Jahr und früher. Jedem Sourcer sollte klar sein, dass eine Massennachricht bei Xing oder LinkedIn keinen Kandidaten mehr hinterm Baum hervorlockt. Da jedoch immer mehr Unternehmen auf den Zug Active Sourcing aufspringen, muss man hervorstechen. Spannend sind daher vor allem die neueren Ansätze, die das Thema der Personalisierung weiter in den Fokus rücken und konsequent weiterentwickeln.
Für mich neu war das Thema der Video-Ansprache. Dabei geht es darum, nicht einen ganzen Roman zu schreiben, sondern stattdessen einfach ein kurzes Video aufzunehmen, in dem ich kurz erkläre, wer ich bin, warum ich den Kandidaten kontaktiere, Informationen zur Stelle gebe und sage, warum ich finde, dass der Kandidat passen könnte. Noch persönlicher geht es eigentlich nur, wenn ich den Kandidaten direkt persönlich treffe.
Und was sind die Voraussetzungen, um den Kandidaten möglichst individuell und personalisiert ansprechen zu können? Richtig, ich muss meine Zielgruppe und den Kandidaten ganz genau kennen. Dazu erstellt man sogenannte „Candidate Personas“. Diese beschreiben sehr detailliert, wen man sucht. Und das geht über das rein fachliche Anforderungsprofil hinaus. Eine Candidate Persona kann persönliche Eigenschaften, Ziele, Interessen, Erwartungen, digitales Nutzerverhalten sowie die private und berufliche Situation umfassen – alles, was einem hilft, die Zielgruppe wirklich zu verstehen. Das hilft, um im nächsten Schritt die Stellenanzeige erstellen zu können, aber auch, um die richtigen Kandidaten auszuwählen, nicht nach dem Motto „viel hilft viel“, sondern ganz gezielt. Wenn ich die Zielgruppe genau verstehe, sind die Erfolgsaussichten der Besetzung höher, die Kosten können minimiert werden (denn ich weiß ja nun auch, wo ich die Kandidaten am besten finde) und die Wahrscheinlichkeit, dass derjenige, den wir eingestellt haben, länger bei uns bleibt, ist höher.
Kurz gesagt: Ja, Personalisierung braucht Zeit, aber es lohnt sich und wird sich am Ende auszahlen.
It’s all about… Efficency
Allerdings muss ich die Zeit, die ich für Personalisierung investiere, erst mal woanders sparen – der Tag hat nämlich trotzdem nur 24 Stunden, ein Arbeitstag noch deutlich weniger. Und auch dafür gab es bei der Konferenz Lösungsansätze.
Ich habe unfassbar viele Chrome Extensions kennengelernt, die mir helfen, im Arbeitsalltag produktiver zu werden. Ich spare nicht unbedingt immer die Masse an Zeit – aber die eine Minute, die ich spare, kann ich wieder produktiv in andere Aufgaben investieren.
Einige Highlights, die ich mir notiert habe, sind:
- Highlightthis – Damit kann ich Begriffen eine Struktur geben und sie kategorisieren, sodass ich schnell die Schwerpunkte eines Kandidaten anhand seines Profils erkennen kann.
- Ginfinity – Ich kenn in Endlosschleife bei Google scrollen, ohne die Seiten weiterklicken zu müssen – super, ich suche nämlich viel mit Google.
- Idontcareaboutcookies – Ihr kennt das, die Nachricht, die auf manchen Websites aufploppt und uns darüber informieren will, dass Cookies gesammelt werden? Mit dieser Chrome Extension ist das passé.
- Data-Miner.io – Ich kann Daten aus einer Website mit ganz wenigen Klicks (und keiner Coding-Erfahrung) in eine Excel-Liste extrahieren – geht es noch einfacher?
Websites wie answerthepublic.com geben mir die Möglichkeit, besser nachzuvollziehen, wie Kandidaten sich über ein bestimmtes Themenfeld informieren – und wie wir mit unserer Stelle dort auftauchen können oder auch, welche Aspekte wir in der Stellenanzeige aufnehmen und welche Fragen wir damit beantworten sollten.
Ein Schlaraffenland also für alle, die so digitalaffin sind wie ich. Aber Vorsicht: Wichtig ist, hier nicht den Überblick zu verlieren – ich brauche kein Tool, nur um sagen zu können, ich habe für alles ein Tool. Ich muss genau auswählen, was am meisten Sinn macht und was mir am Ende doch nicht hilft. Ansonsten ist der Ansatz, produktiver zu werden, zwar schön aber doch nicht realistisch, zumindest nicht dann, wenn ich den ganzen Arbeitstag damit verbringe, Tools zu managen.
Fazit
Ich habe gelernt: Es gibt keine Universal-Antwort, was richtig und was falsch ist. Manche sprechen Kandidaten an und machen bis zu fünf Follow-ups, andere verzichten ganz darauf. Was für den einen funktioniert, muss nicht für den anderen funktionieren und umgekehrt. Einige nutzen viele Tools, die anderen eher weniger. Der geneigte Leser wäre jetzt verleitet zu sagen: „Wozu dann eine Sourcing Summit, wenn doch eh nichts bei rumkommt?“
Diese Aussage kann ich so nicht unterstreichen – am Ende der Konferenz kam zwar nicht die Antwort auf alle Fragen raus, aber wann kriegt man die schon? Für mich ist es immer auch die Möglichkeit, mich mit anderen auszutauschen, neue Ideen mitzubringen, mal was Anderes auszuprobieren, kurz: Aus der Routine auszubrechen. Ob das am Ende immer erfolgreich ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber zumindest zeigt es mir auf, welche Themen wichtiger werden und wo ein Versuch sich lohnen kann.