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Passives und aktives Recruiting – Was sind die Trends?

Auch dieses Jahr kamen wieder viele Personalmanager* auf der Zukunft Personal 2017 in Köln zusammen, der größten Fachmesse für Personalmanagement in Europa. Drei Tage lang, vom 19. – 21. September, wurden viele Themen rund um Recruiting, Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement & Co. beleuchtet. Auch unsere Kollegin Evelyn Dietert, als Recruiter für die Personalauswahl, das Onboarding neuer Mitarbeiter und das Hochschulmarketing für Weber Shandwick Deutschland tätig, war vor Ort – und konnte viele spannende Eindrücke gewinnen. Sie berichtet, welche am spannendsten waren und welche Trends sie für passives und aktives Recruiting sieht.

 

Recruiting – War das nicht was mit Stellenanzeigen?

Bevor wir Trends im Recruiting beleuchten, schauen wir uns erst mal an, was Recruiting heute eigentlich ist. Irgendwas mit Stellenanzeigen? Zum Teil. Führen von Bewerbungsgesprächen? Nicht nur. Also was ist Recruiting eigentlich?

Recruiting teilt sich in einen passiven und einen aktiven Part. Das passive Recruiting dreht sich tatsächlich schwerpunktmäßig um das Erstellen und Posten von Stellenanzeigen auf diversen Plattformen – die bekanntesten Player auf dem deutschen Markt sind sicherlich Stepstone und Monster, aber es gibt auch sehr viele Nischenplattformen (z.B. www.agenturjobs.de). Und was mache ich als Recruiter, wenn die Anzeigen erstellt und gepostet wurden? Genau, abwarten, dass sich die richtigen Leute bewerben und Tee trinken – das nennt man auch Post&Pray-Prinzip.

Und damit der Tee nicht so schnell kalt ist, kann ich als Recruiter natürlich auch selbst aktiv werden. Aktives Recruiting bedeutet: Ich warte nicht ab, sondern spreche potenzielle Kandidaten auch selbst aktiv an. Das geht über Social Networks wie XING, LinkedIn oder Facebook, aber auch über Netzwerkveranstaltungen, Hochschul- oder Karrieremessen und Workshops.  Also überall, wo ich in den direkten Dialog mit der Zielgruppe treten kann. Das nennt man dann Active Sourcing.

Eine wichtige Frage für die Auswahl der richtigen Kanäle – sowohl für aktives Recruiting als auch passives Recruiting – ist: Wo befindet sich meine Zielgruppe? Wo erreiche ich diese am besten? Diese Frage war ganz wesentlicher Bestandteil aller Recruiting-Trends, die ich euch hier vorstellen möchte.

Passives Recruiting – Der Weg durch den Jobbörsen-Dschungel

In einem sind sich vermutlich alle Recruiter einig: Nur Post&Pray hat keine Zukunft mehr. Dennoch ist auch passives Recruiting ein wichtiger Baustein innerhalb einer konsistenten Recruiting-Strategie. Auch wenn insbesondere Berufserfahrene zunehmend erwarten, eher direkt angesprochen zu werden als sich selbst zu bewerben und die Arbeitslosenquote in Deutschland den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht hat, so gibt es noch immer viele Menschen, die den klassischen Weg der Bewerbung bei einem Unternehmen gehen – das ist auch von Branche zu Branche unterschiedlich. Und auch diese Menschen wollen wir im Recruiting natürlich erreichen.

Nur wie? Und vor allem wo? Natürlich gibt es die klassischen Jobbörsen, wie bereits genannt, die auch eine enorme Reichweite aufgebaut haben, Zahlen vorlegen können, die Eindruck machen – und dennoch kriege ich als Recruiter mehr und mehr das Gefühl, dass immer mehr Jobbörsen mit sehr guten Zahlen aufwarten können. Durch klassische Stellenanzeigen gibt es oft auch eine hohe Streuung, d.h. ich erreiche nicht gezielt meine Zielgruppe. Viele dieser Jobbörsen definieren sich über den Preis und ich buche meist da, wo mir das günstigste Angebot unterbreitet wurde.

Stichwort: Programmatic Job Advertising

Aber es bewegt sich was im Jobbörsen-Dschungel. Trends sehe ich vor allem im Programmatic Job Advertising. Programmatic Advertising ist eigentlich ein Begriff aus dem Online Marketing, der auch dort noch nicht allzu lang besteht. Im Prinzip heißt Programmatic Advertising, dass Werbebanner online automatisiert und individualisiert gekauft und ausgespielt werden. Dabei spielt die Relevanz des Werbebanners für den Nutzer eine große Rolle – die Anzeige wird also nur einer vorher definierten Zielgruppe angezeigt. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch für Jobanzeigen, allerdings längst noch nicht so weit wie im Online Marketing. Das liegt unter anderem sicherlich daran, dass Stellenanzeige zumeist ja keine Banner sind, sondern recht textlastig. Was heute schon möglich ist und immer mehr zunimmt, ist nicht eine vorher definierte Bezahlung pro Stellenanzeige, sondern eine Abrechnung nach Klicks auf die Stelle – so, wie es bei Anzeigen bei Google Adwords, Facebook & Co. bereits Gang und Gäbe ist.

Die ganze Bezahlmethodik hinter Stellenanzeigen verändert sich also. Schauen wir noch weiter in die Zukunft, so werden wir Recruiter nicht mehr für eine einzelne Anzeige bezahlen, sondern für eine Einstellung. Dahinter liegen Daten, die für eine konkrete Stelle die durchschnittlichen Kosten ausweisen können. Allerdings ist das noch Zukunftsmusik.

App to the Future

Ein weiterer wichtiger Trend ist das mobile Recruiting. Die Anzahl der Bewerber, die sich mit mobilen Endgeräten über neue Jobs informieren und sich mobil bewerben, wächst stetig. Und Unternehmen müssen darauf reagieren. Das fängt bei einer mobil optimierten Karrierewebsite und Stellenanzeige an und hört bei Nutzung neuerer Tools noch lange nicht auf. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle Monster** und truffls. Erst kürzlich hat Monster seine App überarbeitet: Kandidaten haben nun die Möglichkeit, sich per Swipe auf einen Job zu bewerben. Er muss einzig und allein seinen Lebenslauf hinterlegen und kann sich so mit nur einem Klick bewerben. truffls funktioniert ähnlich, auch hier bewirbt man sich per Swipe. Allerdings kommt ein konkreter Kontakt zum Unternehmen nur zustande, wenn auch das Unternehmen den Kandidaten spannend findet – ähnlich wie bei der Dating-App Tinder. Andere Unternehmen bieten auf ihrer Karriereseite die Möglichkeit, sich mit seinem Xing- oder LinkedIN-Profil nur mit einem Klick zu bewerben.

Quintessenz des Ganzen? Das klassische Motivationsschreiben oder Anschreiben verliert zunehmend an Bedeutung. Für mich als Recruiter stehen damit weniger Informationen zur ersten Bewertung einer Bewerbung zur Verfügung, sodass für mich der persönliche Kontakt mit und das persönliche Kennenlernen von Bewerbern in den Vordergrund rückt. Aus meiner Sicht kriegt man sowieso ein viel besseres Bild von jemandem, wenn man einfach mal den Hörer in die Hand nimmt oder sich auf einen Kaffee trifft. Und auch der Kandidat merkt so viel besser, ob wir als Unternehmen interessant für ihn sind.

Aktives Recruiting – Was sind die Trends?

Doch auch was aktives Recruiting betrifft, gibt es viele Entwicklungen. Ähnlich wie im passiven Recruiting gibt es auch hier Tendenzen zur Automatisierung. Zentraler Trend ist alles rund um die Themen künstliche Intelligenz und Big Data. Wie machen Recruiter Active Sourcing heute? Vereinfacht gesagt und mal nur auf Online Kanäle bezogen: Ich suche meist auf Xing oder LinkedIN, gehe Zielfirmen durch, suche mittels Keywords und so weiter. Ich identifiziere Kandidaten, die ich in einer Liste sammle, und spreche sie individuell an.

All das können – sogar schon heute – Tools für mich übernehmen. Diese können aufgrund von mir vorgegebener Kriterien zeitgleich eine ganze Reihe online Netzwerke durchsuchen („sourcen“) und dabei alle frei verfügbaren Informationen über Kandidaten aggregieren (z.B. von Xing, LinkedIN oder sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter). Im nächsten Schritt werden mir umfangreiche Kandidatenprofile und –listen erstellt – in einem Bruchteil der Zeit, die ich händisch benötigen würde. Aufgrund meines Feedbacks lernt das Tool und sourct das nächste Mal sogar noch besser (sog. „Machine Learning“). Sogar Ansprachen können automatisiert erfolgen. Interessante Tools, die ich hier nennen möchte, sind Arya und Hiretual. Letzteres gibt es sogar als Free Version als Chrome Extension, allerdings ist der KI-Modus nicht kostenfrei verfügbar. Dennoch ein gutes Tool zur Unterstützung im Big-Data-Dschungel.

Recruiting im Wandel

Klingt alles super – oder doch nicht? Ich war zuerst schwer begeistert – nimmt es mir doch eine ganze Menge Arbeit ab. Sehr viel Arbeit. Die meiste Arbeit? Mir drängt sich die Frage auf: Wie wird sich durch solche Tools – und ich bin sicher, wir kratzen damit bisher erst an der Oberfläche – meine Rolle als Recruiter verändern? Wie wird sich das Thema Personalisierung ändern, wenn doch ein Tool alle meine Nachrichten schicken kann? Sind die Skills, die ich heute als Recruiter brauche, morgen überhaupt noch relevant?

Zur Rolle des Recruiters heute und wie er sich in Zukunft wandeln wird, erzähle ich in meinem nächsten Blogbeitrag etwas mehr. Stay tuned!

 

 

 

Bild Credits: von niekverlaan under Creative Commons Zero Licence, via pixabay.com
* Zur einfacheren Lesbarkeit wird die männliche Form für alle Personen oder Personengruppen genutzt, selbstverständlich bezieht das gleichermaßen auch Frauen mit ein.
** Weber Shandwick pflegt geschäftliche Beziehungen zur Monster Deutschland GmbH.