Bild via Pexels under CC0 Licence
Zensur ist kein sehr positiv beflecktes Wort. Vor allem im Internet gilt für jeden Nutzer eigentlich, dass er sich auf jede gewünschte Art und Weise ausdrücken kann und möchte. Jeder kann sein, wer er will und wie er will. Dabei entsteht für soziale Netzwerke eine große Herausforderung. Mit ständigem Druck aus Politik und Gesellschaft wird die Eindämmung von Hate Speech eingefordert, während auf der anderen Seite die freie Meinungsäußerung verlangt wird. Hasskommentare sollen mittlerweile innerhalb von 24 Stunden von einer Plattform entfernt werden. Dem kommt allerdings kaum ein soziales Netzwerk nach, denn die Prüfung der gemeldeten Beiträge zieht sich oft über Tage oder sogar Wochen hinweg. Wird ein Beitrag dagegen nicht genügend geprüft und leichtsinnig gelöscht, wie erst kürzlich beim Facebook-Videobeitrag des Schauspielers Florian David-Fitz und Helene Fischer, so lässt der Shitstorm nicht lange auf sich warten. Die Angst der Social-MediaRiesen, dass bei einer stärkeren Restriktion der Beiträge bald von Zensur die Rede sein könnte, dämmt das Vorgehen gegen Online-Hetzer stark ein. Umso verwunderlicher scheint es also, dass Facebook, irgendwie ja die Mutter aller sozialen Netzwerke, an einem Zensur-Tool arbeitet.
Das Zensur-Tool für China
Seit circa 7 Jahren ist die Plattform vom chinesischen Markt verbannt worden. Die Inhalte auf dem Netzwerk entsprechen nicht den politischen Standards in China und ohne eine Filtermöglichkeit der Beiträge musste sich das Unternehmen zurückziehen. Seitdem versucht CEO Mark Zuckerberg mit den chinesischen Behörden eine Lösung zu finden, um sein soziales Netzwerk doch auf dem chinesischen Markt positionieren zu können. Aufgrund dessen scheint Facebook an einem Tool zu arbeiten, das bestimmte Nachrichtenbeiträge daran hindert in China überhaupt ausgespielt werden zu können. In der Vergangenheit nutzte Facebook bereits Algorithmen, um bestimmte Inhalte regional zu blockieren. Auf Wunsch der Behörden werden z.B. in Pakistan, Russland und der Türkei bestimmte Beiträge nicht angezeigt. Der Unterschied zur neuen Software für China liegt darin, dass die Inhalte hier erst nach ihrer Veröffentlichung zensiert wurden. In Zukunft soll das für den chinesischen Markt bereits im Vorfeld geschehen: Der Nutzer kann bestimmte Inhalte also gar nicht erst sehen.
Die nächste Milliarde Nutzer fürs Netzwerk?
China bietet mit 1,4 Milliarden potenziellen Nutzern einen durchaus sehr attraktiven Markt für das soziale Netzwerk. Ob das Zensur-Tool überhaupt herausgebracht wird und wieweit die Funktionsfähigkeit nach aktuellem Stand ist, bleibt unbekannt. Für das Unternehmen selbst scheint die Software keine ethischen Probleme darzustellen. Bei einem Einsatz des Tools wäre allerdings interessant, inwieweit sich dies auf das etwas angeschlagene Image des Social-Media-Pioniers niederschlagen könnte. Bereits heute hat Facebook mit Vorwürfen zu kämpfen, dass verschiedene Nachrichtenportale bei der Auslieferung bevorzugt oder benachteiligt werden. Ein Zensur-Tool, auch wenn nur für den chinesischen Markt, könnte diese Vorwürfe verstärken. Des Weiteren könnte nach einem Einzug in China auch ein ähnliches Tool, mit anderen Adaptionen, für westliche Länder folgen. Änderungen auf Facebook werden in den meisten Fällen auch auf die Tochter-Unternehmen adaptiert. Damit wären mehrere Plattformen von der Änderung betroffen. Insbesondere für Nachrichtenportale würde dies eine starke Umstellung bedeuten. Die Beiträge müssten dann auf die Auswahlkriterien des Tools zugeschnitten werden, um Reichweite generieren zu können. In China sollte dies aber kein gesondertes Problem darstellen, denn schon jetzt haben es ausländische Medien hier schwerer als inländische und stehen unter einem großen politischen Druck.