Skip to content Skip to footer

„Ich nannte sie liebevoll Monster“ – Anne-Christin Hoffmann über ihre publizierte Doktorarbeit

Ganze 700 Seiten harte Arbeit stecken in der Doktorarbeit unserer Berliner Kollegin Anne-Christin Hoffmann aus dem EECM-Team. Sie hat jüngst ihr Werk unter dem Titel Einfluss massenmedialer und interpersonaler Kommunikation im Springerverlag publiziert. Worum es in dem „monströsen“ Buch geht und wie sie es überhaupt geschrieben hat, erzählt sie uns.

 

Doktorarbeit

WORUM GEHT ES IN DEINER ARBEIT?

 

Kurz gesagt: Ich habe untersucht, wie unsere Mediennutzung und Gespräche beeinflussen, wie relevant wir Ereignisse wahrnehmen. Und unter welchen Rahmenbedingungen das passiert – zum Beispiel, ob gut informierte Meinungsführer oder Personen mit einem großen sozialen Netzwerk aktuelle Ereignisse anders einschätzen. Das habe ich exemplarisch anhand der Fußball-EM 2016 untersucht.

 

WIESO HAST DU DIR DIE FUSSBALL-EM ALS UNTERSUCHUNGSEREIGNIS AUSGESUCHT, BIST DU FUSSBALLFAN?

 

Überhaupt nicht. Natürlich verfolge ich die Welt- und Europameisterschaften, aber das war nicht der Grund. Bei der Fußball-EM 2016 konnte ich mir sicher sein, dass darüber a) viel berichtet und b) im Bekanntenkreis viel gesprochen werden wird. Das war die Voraussetzung, um überhaupt herauszufinden, wie Massenmedien und interpersonale Kommunikation wirken. Ich habe aber auch andere, parallel stattfindende Ereignisse untersucht, nämlich die verheerenden Unwetter in Deutschland im Sommer 2016, die zu der Zeit sehr präsente Terrorgefahr, den beginnenden Brexit sowie die konstant anhaltende Flüchtlingsdebatte.

 

WAS HAST DU IM KERN HERAUSGEFUNDEN?

 

Obwohl sich Dialoge mehr und mehr in digitale Räume verlagern, stufen wir Ereignisse für uns und unser soziales Umfeld als hochrelevant ein, wenn wir persönlich darüber gesprochen haben. Es zeigt sich aber, dass es vor allem vom Thema abhängt, wie wir beeinflusst werden. So beeinflusste in meiner Studie die Mediennutzung eher, wie wichtig die Befragten die politischen Themen Brexit und Flüchtlingssituation einstuften. Wohingegen Gespräche eher auf die wahrgenommene Relevanz der anderen Themen einwirkten.

 

WAS BEDEUTET DAS FÜR UNS?

 

Massenmedien sind nach wie vor (oder noch) die Hauptquelle. Medienarbeit ist daher zentral, um vor allem politische Themen zu setzen. Um andere Themen zu streuen, sollten wir das persönliche Gespräch mit Stakeholdern suchen. Dabei gilt: Face-to-face geht vor digital. Online-Gespräche hatten in meiner Studie kaum einen Einfluss, wie relevant Themen wahrgenommen wurden. Da der persönliche Kontakt nicht immer möglich ist, sollten wir versuchen, Dialoge unter unseren Zielgruppen anzustoßen, mit zugeschnittenen Themen und auf relevanten Kanälen. Nachrichten im Radio erwiesen sich übrigens besonders gut als Gesprächs-Booster.

 

WAS WAR DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG FÜR DICH?

 

Während des Schreibprozesses war die größte Herausforderung, immer das Ziel der Arbeit im Blick zu halten. Ich klebte meine Forschungsfrage an den PC. Das hat mir geholfen, aus dem Bulk an Fachliteratur das Relevante vom Irrelevanten zu unterscheiden. In dieser Zeit nannte ich die Arbeit „liebevoll“ Monster. Es hörte einfach nicht auf zu wachsen. Und misst nun stolze fast 700 Seiten.

 

WIE BIST DU ÜBERHAUPT DAZU GEKOMMEN, EINE DOKTORARBEIT ZU SCHREIBEN?

 

Da muss ich ein bisschen ausholen. 2013 war ich nach meinem kommunikationswissenschaftlichen Studium Praktikantin im Consumer Team bei Weber Shandwick in München. Währenddessen fragte mich mein ehemaliger Professor, ob ich nicht zurück an die Universität Passau kommen wolle. Es sollte eine Konferenz der deutschsprachigen Fachgesellschaft in der Kommunikationswissenschaft ausgerichtet werden. Im Studium hatte ich bereits mehrere Events organisiert und viel Spaß dabei. Ich sagte zu. Wenig später bot mir Katharina Meyer vom Consumer Team ein Traineeship an. Da kam ich ins Hadern, weil ich so viel Freude in der Agentur hatte. Aber ich blieb bei meiner Zusage – wahrscheinlich wusste ich unterbewusst schon, dass ich zu Weber zurückkehren werde ;-). Ich zog nach Ende des Praktikums wieder an meinen Studienort und bekam nach der Konferenz das Angebot, zu bleiben und zu promovieren. Bisher nur mit einem Bachelor in der Tasche war das die Chance für mich.

 

WIE WIRD SO EINE DOKTORARBEIT EIGENTLICH GESCHRIEBEN UND PUBLIZIERT?

 

Ich war als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Passau angestellt. Hat man eine solche Stelle inne, ist man Dozentin und hält Seminare für Studierende und publiziert gleichzeitig Forschungsarbeiten, inklusive Dissertation. Der Professor, an dessen Lehrstuhl ich angestellt war, war gleichzeitig mein Chef und Doktorvater. Er hat sich für mich eingesetzt, überhaupt nach dem Bachelor promovieren zu können, und mich großartig unterstützt. Ich brauchte 3,5 Jahre, um die Arbeit zu verfassen. Im Juni 2018 gab ich sie ab. Sie wurde dann von meinem Doktorvater sowie zwei weiteren Professoren begutachtet. Im Januar 2019 verteidigte ich sie vor dem Promotionsausschuss – und bekam die Bestnote „summa cum laude“ bestätigt. Freudentaumel! Danach fragte ich beim Springerverlag an, ob sie meine Arbeit publizieren möchten. Und nun halte ich tatsächlich das Buch in der Hand. Yay!

 

Hier geht es zu Annes vollendetem Werk.