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Facebook auf Identitätssuche

Zwei Milliarden Nutzer. Facebook, das größte soziale Netzwerk der Welt, hat eine solche große Nutzerschaft hinter sich stehen. Während andere Social Networks sich mit der Frage befassen, wie sie auf diese große Zahl kommen können, steht der Social-Media-Pionier vor der Frage, wie sie weitere Nutzer generieren können.

In Folge dieser Bemühungen sind schon einige Initiativen aus dem Boden gestampft worden. Unter anderem auch Internet.org, heute Free Basics genannt. Mit dieser Plattform sollte es das Internet in die entferntesten Gegenden der Welt schaffen. Die “Free Basics”-Initiative sollte das Netz dort hinbringen, wo es bis dato aufgrund von technischen Hindernissen noch nicht möglich war. Doch diese Herausforderung stellt sich als sehr viel komplizierter heraus als gedacht. Es bedarf einfach mehr als nur die Bemühungen eines einzelnen, wenn auch riesigen Tech-Konzerns, um dieses Problem zu lösen. Wenn sich die Märkte also nicht über eine solche Initiative erobern lassen, muss ein andere Weg her.

China: It’s complicated

Ein Markt ist und bleibt aber für viele besonders attraktiv. China hat ein Potenzial von 700 Millionen Nutzern, kaum internationalen Wettbewerb und birgt damit das größte soziale Netzwerk der Welt. Klingt nach einem traumhaften Szenario für einen Markteintritt, oder? Fast, denn sich in China am Markt zu positionieren, ist für internationale Unternehmen kein Zuckerschlecken. Die Beziehung von Facebook und der Volksrepublik ist dabei das, was viele Nutzer als „kompliziert“ in ihrem Status anzeigen würden.

Facebook wurde 2009 aus dem chinesischen Markt verbannt. 2014 musste Tochter-App Instagram die Zelte abbrechen. Vergangenen Monat musste auch der Messaging-Dienst Whatsapp eine kurzzeitige Sperrung hinnehmen.

Nichtsdestotrotz hat das Unternehmen rund um Mark Zuckerberg in den letzten Jahren einiges unternommen, um sich wieder am chinesischen Markt positionieren zu können. Erst im letzten Jahr arbeitete das soziale Netzwerk an einem Zensur-Tool. Mit diesem sollten bestimmte Inhalte gar nicht erst auf der Plattform veröffentlicht werden können. Das Tool sollte die chinesischen Behörden etwas besänftigen und den Wiedereintritt in den Markt sichern. Leider schlug auch dieser Plan fehl.

Marktmacht WeChat

Während sich Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley die Zähne an China ausbeißen, hat sich eine App die Marktmacht in der Volksrepublik gesichert. WeChat ist in China die unangefochtene Nummer 1 unter den Apps.

Dabei handelt es sich um eine Art Hybrid aus Messaging-Dienst und Social Network. Man kann sich ein Profil anlegen, Games spielen, Taxifahrten in Anspruch nehmen oder Arztdiagnosen damit direkt aufs Handy schicken lassen. Die App vereint alles, was man brauchen könnte, in einem. Damit hat sie es in China zu einer unglaublich hohen Beliebtheit geschafft und ist auf so gut wie jedem Handy zu finden. Selbst ausländische Besucher Chinas kommen spätestens beim Versuch, sich am Flughafen mit dem WLAN zu verbinden, mit der App in Berührung.

Colorful Balloons

Doch auch mit einem so großen Konkurrenten wie WeChat, will sich Facebook den chinesischen Markt nicht nehmen lassen. Mit einer neuen Anwendung, quasi die chinesische Version der Facebook Moments App, will sich der Social-Media-Riese wieder in China einbringen. Die App selbst liefert öffentlich dabei absolut keine Verbindung zum Unternehmen aus dem Silicon Valley. Denn offiziell darf Facebook immer noch nicht in den Markt eintreten, auch wenn Mark Zuckerberg in den letzten Jahren stark an einem Beziehungsaufbau zu den chinesischen Behörden gearbeitet hat (via WIRED).

Zwar hat es Facebook mit diesem kleinen Trick geschafft, wieder in den chinesischen Markt einzutreten. Dass die Behörden von diesem Vorgehen begeistert sind, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Einige Analysten vermuten dahinter allerdings auch, dass die Moments App für den Social-Media-Giganten nur als Mittel zum Zweck fungiert. Infolgedessen wäre eine langfristige Positionierung am Markt nicht notwendig. Man müsste nur so lange am Markt bleiben, bis genügend Daten gesammelt wurden, um das Nutzerverhalten analysieren zu können und so ein Produkt zu erstellen, mit dem alle zufrieden sein können. Wenn man denn dann überhaupt noch in den Markt eintreten darf.

Allein die Art und Weise, wie Facebook hier vorgeht, zeigt wie verzweifelt das Unternehmen scheint nach China zu kommen. Auch das geplante Zensur-Tool aus dem letzten Jahr sprach hier schon Bände. Immerhin setzt sich das Netzwerk sonst immer sehr aktiv für ein freies, transparentes Netz und die Meinungsfreiheit ein. Wie das Unternehmen eine zensierte Plattform oder eine Undercover App mit diesen Werten vereinen will, bleibt abzuwarten. Sollte dieser Plan wieder fehlschlagen, dürfte es spannend werden, was Facebook sich für den Markteintritt als nächstes einfallen lässt.

Facebook Watch

Und falls der Plan mit China nicht klappen sollte, hat Facebook schon genügend andere Pläne in petto. Wenn man seine Nutzerzahlen nicht mehr massiv steigern kann, dann muss man eben dafür sorgen, dass sie länger auf der Seite verweilen. Dafür muss man dann eben auf anderen Wegen neue Märkte erschließen. Zum Beispiel einen, der schon viele Trends überlebt hat. So wie der TV-Markt.

Schon in der Vergangenheit erzielte das soziale Netzwerk immer wieder damit Aufmerksamkeit, sich in Zukunft auch der Content-Erstellung widmen zu wollen. Ein eigenes TV-Produkt sollte kommen (via ZEIT Online). Und jetzt ist es da. Naja, also bald. Es trägt den stolzen Namen Facebook Watch und dürfte vor allem Google Tochter YouTube schon bald starke Konkurrenz machen. Das neue Angebot ist dabei eine Mischung aus Streaming- und Video-Plattform. Man kann die Inhalte, die von Facebook zur Verfügung gestellt werden, einfach streamen oder auch eigenen Content hochladen. Insbesondere für Influencer könnte das interessant werden. Denn auch auf Facebook wird in den Videos Werbung zwischengeschaltet. Damit könnte es in Zukunft vielleicht auch den ein oder anderen YouTuber auf das soziale Netzwerk ziehen.

Schon seit geraumer Zeit versuchen die Social Networks auch TV-Zuschauer für ihre Plattform zu begeistern. So hatte sich Twitter bis zum vergangen Jahr die Livstreaming-Rechte der NFL gesichert, Snapchat arbeitet an einem eigenen TV Format und jetzt möchte eben auch Facebook ein Stück vom Social TV-Kuchen abhaben.

Bild Credits: von Pixabay, under Creative Commons Zero Licence, via pexels.com